Die pädagogische Idee bestimmt die Form
Neues Netzwerk Pädagogik und Architektur
Rund 45 Millionen Euro investierte das Land Tirol in den letzten Jahren in den Ausbau der Kinderbetreuung. Weitere Millionen werden folgen, da laufend neue Kinderbetreuungseinrichtungen gegründet oder ausgebaut werden. Diese Investitionen sind, wenn sie richtig eingesetzt werden, eine einmalige Chance, wertvolle Räume für Kinder zu gestalten, die die Kindesentwicklung unterstützen und in denen sie sich wohl fühlen. Doch wie sollen diese Räume aussehen? Ein architektonisch schön gestalteter Raum ist nicht immer der richtige für die optimale Entwicklung. Und Architektur, die Erwachsenen gefällt, ist nicht immer auf die Bedürfnisse und Wünsche von Kindern zugeschnitten.
Der Dachverband Selbstorganisierte Kinderbetreuung Tirol veranstaltete daher Ende Jänner in Innsbruck einen Workshop, zu dem ReferentInnen und Interessierte aus den Bereichen Architektur und Pädagogik eingeladen wurden. Mag. Arch. Monika Abendstein, Architektin, Bettina Benattia, Leiterin der Kindergruppe Sonnensprossen Zirl und Mag. Dr. Bernhard Koch, Wissenschaftler der Elementarpädagogik hielten Vorträge und lieferten Denkanstöße, wie sich Pädagogik und Architektur in Zukunft besser verstehen könnten. In den anschließenden Workshops stellten sich ArchitektInnen und BetreuerInnen aktuellen Bauvorhaben und entwickelten gemeinsam den „idealen“ Raum für Kinder und BetreuerInnen.
In der Diskussion wurde offensichtlich, wie wenig beauftragte ArchitektInnen in Kontakt mit den tatsächlichen Nutzern kommen: den BetreuerInnen, den Kinder und den Eltern. Dabei wurde auch eine „Gender-Problematik“ aufgedeckt. Die meist männlichen Architekten sprechen ausschließlich mit ihren männlichen Auftraggebern, den Gemeinderäten und den Bürgermeistern – den meist weiblichen Betreuerinnen wird wenig architektonisches Verständnis zugetraut. Die Wünsche und Vorstellungen von BetreuerInnen an ihre Räume, in denen sie eine qualitative Betreuung von Kindern bieten möchten, werden vollkommen ignoriert.
Im Laufe der Veranstaltung wurde die Bedeutung des pädagogischen Konzeptes für die Raumgestaltungen allen Anwesenden immer mehr bewusst. ArchitektInnen, die teilweise von einem pädagogischen Konzept noch nie gehört hatten, stimmten mit den PädagogInnen überein: „Die Voraussetzung für ein gelungenes Raumkonzept in einem Kindergarten, einer Kindergruppe oder einer Kinderkrippe ist ein durchdachtes pädagogisches Konzept“.
Durch diese Veranstaltung wurde offen gelegt, wie wenig der Wissensaustausch zwischen Architektur und Pädagogik im Alltag derzeit gelebt wird. Daher hat der Dachverband Selbstorganisierte Kinderbetreuung Tirol bereits reagiert und installiert das Netzwerk Architektur und Pädagogik in Tirol, um den beiden Gruppen einen leichteren Zugang zueinander zu ermöglichen.